102 Glockenschläge gegen das Vergessen

Schülerinnen und Schüler des CLG verlesen am 9. November die Namen der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Laupheim

80 Jahre nach der Zerstörung der Laupheimer Synagoge erklang zum Gedenken an die Reichspogromnacht am 9. November wieder die Glocke des ehemaligen Gotteshauses. 102 Mal wurde die Glocke, die Brand und Abriss überstanden hatte und extra für die Gedenkfeier auf dem Ernst-Schäll-Platz aufgebaut wurde, geschlagen. Jeder Glockenschlag von Lucas Meints aus der Klasse 10b stand für ein jüdisches Opfer der Nationalsozialisten aus Laupheim. 25 weitere CLGler aus den 9. und 10. Klassen verlasen dazu die einzelnen Namen und „entrissen sie damit dem Vergessen“, wie Dr. Michael Koch betonte. Der pädagogische Leiter des Museums zur Geschichte von Christen und Juden hatte die bewegende Gedenkfeier vorbereitet und die Schüler des CLG zur Mitwirkung eingeladen.

Die Reichspogromnacht 1938 markierte den Beginn des offenen mörderischen Terrors gegen die Bürger jüdischen Glaubens. Es war der Tag, an dem vor 80 Jahren tausende Juden verhaftet, misshandelt oder getötet wurden. Spätestens an diesem Tag konnte jeder in Deutschland sehen, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord staatsoffiziell geworden waren. Auch in Laupheim: Wie in vielen anderen Städten wurde in dieser Nacht auch die Laupheimer Synagoge von den Nationalsozialisten zerstört.

Mit der Aktion „Laupheimer Ziegel“, dem symbolischen Wiederaufbau des Mauerwerks des jüdischen Gotteshauses, hatte die gesamte Schule schon Ende Oktober daran erinnert, dass die Laupheimer Synagoge von der SA in Schutt und Asche gelegt worden war. Initiator Tobias Wedler stellte bei der Feier vor dem Jüdischen Friedhof einige positive Assoziationen zu Mauerwerken an, warnte aber davor, dass diese auch leicht missbraucht werden könnten. Zuvor hatte schon Oberbürgermeister Gerold Rechle darauf verwiesen, dass Ausgrenzung, Verrohung und Gewaltbereitschaft wieder zunähmen. Schulleiterin Petra Braun hob hervor, dass die heutige Schülergeneration natürlich keine Schuld an den damaligen Geschehnissen trage, aber diese uns mahnten, heute gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass jeder – unabhängig von Herkunft und Religion – einen Platz in unserer Gesellschaft finden könne.

Zum Abschluss des Gedenkens fand eine Lichterprozession zum Gedenkstein am Platz vor der ehemaligen Synagoge statt. Dort erwiderten um 18:45 die Glocken der christlichen Kirchen die Schläge der ehemaligen Synagogenglocke. Zusammen mit dem Lichtermeer aus Kerzen und der Projektion eines Fotos der ehemaligen Synagoge ein bewegendes Zeichen!