„Wie seht ihr das eigentlich mit Artikel 13?“ Nachdem er fast eineinhalb Stunden die vielen Fragen der 11-Klässler beantwortet hatte, wollte Thomas Dörflinger zum Schluss der Gesprächsrunde unbedingt auch noch eine Frage loswerden. Die Schülerinnen und Schüler des Gemeinschaftskundekurses zeigten sich gut informiert und gaben bereitwillig darüber Auskunft. Einige merkten an, dass dieses Thema viele junge Menschen bewegt habe und die Reaktionen der Politik in diesem Punkt nicht immer glücklich gewesen seien.
Zuvor waren in den zwei Schulstunden etliche landes- und auch bundespolitische Themen debattiert worden. Die Schüler hatten viele Fragen zu den Bereichen Bildung, Infrastruktur, Autoindustrie und Umwelt vorbereitet. Zum Thema Infrastruktur, ob es nun um die Elektrifizierung der Südbahn oder das Projekt S21 ging, konnte Herr Dörflinger als verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion aus dem Nähkästchen plaudern. Gerade in diesem Politikbereich sei viel Kommunikation notwendig, denn die Probleme und Themen des ländlichen Raumes, beispielsweise des Landkreises Biberach, unterschieden sich ganz wesentlich von denen städtischer Ballungsgebiete. Das bestimme die Sichtweisen von Bürgern, aber auch von Politikern ganz wesentlich. Ebenso wie bei den Schülerfragen zum Thema Umweltpolitik (Klimapaket, CO2-Steuer…), warb er hier für Kompromisse und warnte eindringlich vor einer Spaltung der Gesellschaft. Vieles sei sehr komplex, das sei ihm bei einem Besuch in Nigeria deutlich geworden. „Ihr seid sehr arrogant“, habe man ihm da mit Verweis auf die europäischen Diskussionen und Forderungen entgegengehalten. Denn die Menschen in diesen Ländern reklamierten für sich berechtigterweise ebenfalls europäischen Wohlstand erreichen zu wollen.
Wie es eigentlich um die Zukunft der baden-württembergischen Autoindustrie stehe, wollte ein Schüler wissen. Warum man nicht mehr Geld in die Brennstoffzellenforschung stecke? Hier gehe es natürlich ans Eingemachte, räumte Thomas Dörflinger ein, und dieses Thema betreffe nicht nur den Großraum Stuttgart, sondern gerade auch die vielen Zuliefererbetriebe in unserer Region. Wichtig sei beispielsweise Batterieproduktion im Land anzusiedeln und damit Wertschöpfung hier zu halten. Beim Thema E-Mobilität solle man sich ehrlicher machen: „E-Autos werden aktuell nur daran gemessen, welchen Ausstoß sie beim Fahren erzeugen. Daher gehen sie mit einem Wert von Null in die Berechnung der EU-Flottengrenzwerte ein. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn Herstellung der Batterie und deren Entsorgung wird vollständig ausgeklammert.“ Neben der batteriebetriebenen E-Mobilität könnten Wasserstoff und vor allem synthetische Kraftstoffe echte Alternativen werden.
Als Expertinnen zum Thema Bildung merkten einige Schülerinnen an, sie fänden es nicht gerecht, dass das Abitur überall anders sei und sie hätten den Eindruck, es gäbe zu viele Änderungen im Bildungssystem. Thomas Dörflinger zeigte Verständnis, verteidigte an diesem Punkt aber auch das hiesige Bildungssystem. Bei mehr Zentralismus befürchte er eine zunehmende Orientierung am schwächsten Bundesland und damit Qualitätsverluste.
Spannend war für die Schülerinnen und Schüler auch das Berufsbild Abgeordneter: Wie wird man das eigentlich? Man habe ihn angesprochen, antwortete Herr Dörflinger, er habe es sich dann überlegt und schließlich „wollte ich meinen Kindern nicht irgendwann sagen müssen, ich wäre mal beinahe Landtagskandidat geworden, sondern ich habe es einfach versucht.“ Die Tätigkeit mache ihm sehr viel Spaß, sei aber auch mitunter zehrend und sehr zeitaufwendig. Fast jeden Abend habe man Termine und die Arbeitswoche reiche von Montag bis Sonntag. Seine Basisvoraussetzung für die Tätigkeit: „Man muss Menschen mögen.“