„Gib mir mal bitte den Ketchup. “ Dass dieser an sich banale Satz äußerst folgenreich sein kann, erfuhren die Schüler der Kursstufe 1 und 2 am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien. Zu Gast am CLG war Dr. Sabrina Weithmann, freiberufliche Chinaexpertin. Sie begann ihren Vortrag „Zukunft in China“ mit einer Episode aus ihrem Australienaufenthalt, den sie während ihrer Schulzeit absolvierte. Bei diesem traf sie überraschenderweise mit sehr vielen jungen Menschen aus China zusammen und obiger Satz – konnte man ihn erstmal auf chinesisch – erwies sich als äußerst hilfreich, nicht nur bei den Mahlzeiten. Die vielen persönlichen Kontakte weckten ihre Leidenschaft für China und motivierten sie zu einem Studium der Sinologie und einer Promotion in Würzburg. Heute leitet sie die Beratung „Weithmann Consulting“, ein unabhängiges Netzwerk interdisziplinärer und freiberuflicher China-Experten.
Ein chinesischer Zungenbrecher über 44 steinerne Löwen, versuchsweise nachgesprochen von den 160 Kursstufenschülern, erfüllte die Aula mit heiteren Zischlauten und schuf erste Berührungspunkte zur chinesischen Kultur (zum Nachmachen empfohlen: Sìshísì shí shīzi shì / sìshísì shí shīzi). Frau Weithmann erklärte zunächst wie sehr das Land noch heute im positiven wie auch negativen von den Lehren des Konfuzius und damit auch von Hierarchien geprägt wird. So legt man positiverweise großen Wert auf das Bildungssystem, aber gleichzeitig kann ein Täuschungsversuch in der Abschlussprüfung auch sechs Monate Haft nach sich ziehen.
Besonders beeindruckend waren Sabrina Weithmanns Bilder und Schilderungen aus chinesischen Großstädten, die die enorme und rasante Transformation dieses Landes demonstrierten. Sie berichtete von ihrem chinesischen Freund „Holger“, der noch in ein armes Land geboren wurde und heute mit Mitte 30 in einem der wirtschaftsstärksten Länder der Erde wohnt. An ihm wurde auch deutlich was die „Generation Z“ im heutigen China ausmacht. Er sei unheimlich bewegt davon, sein Land zu verändern, voranzutreiben und „so schön wie Deutschland“ zu machen. Dieser Satz ihres chinesischen Altersgenossen habe sie sehr bewegt, erzählte Frau Weithmann den Schülern des CLG. Interessant sei auch wie sich das Denken junger Chinesen verändert habe. Früher waren viele Idole westlich, heute orientieren sich chinesische Jugendliche am Alibaba-Chef Jack Ma oder der Unternehmerin Liu Qing. Aber dieses ungeheure Wachstum hat auch seine Schattenseiten. Bei ihren Besuchen im Land, habe sie des Öfteren die Silhouette des Nachbarhochhauses nicht mehr erkennen können: Smog, Umweltverschmutzung und anonyme Megastädte sind die Begleiterscheinungen des Aufstiegs. „Das macht etwas mit den Menschen“, stellte Sabrina Weithmann hinsichtlich des temporeichen Wandels fest.
Zum Schluss lud die Chinaexpertin die Schüler noch auf ein Gedankenexperiment ein: „Ihr sitzt mit Bekannten zusammen und auf dem Tisch befindet sich die weltweit letzte Flasche Eures Lieblingsgetränks. Plötzlich taucht ein weiterer Bekannter auf und möchte auch etwas davon abhaben. Wie teilt Ihr auf?“ Übertragen auf die politische und wirtschaftliche Realität vor dem Hintergrund endlicher Ressourcen ein spannender Impuls, der bestimmt vielen Schülern noch im Anschluss zu denken gab. Damit endete ein spannender Vortrag, der Aha-Momente ermöglichte und auf sehr interessante Weise Berührungspunkte zu Land, Leuten und zur Gesellschaft Chinas schuf.